
Die Schweiz ist kein Teil der EU. Die Einhaltung der DSGVO ist dort nur erforderlich, wenn Daten von Kunden aus der EU bearbeitet werden. Die Schweiz verfügt über ihr eigenes Gesetz, das Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG). Viele Unternehmen sind sowohl in der EU als auch in der Schweiz tätig. Worauf beim Schweizer Datenschutzgesetz (DSG) zu achten ist, darüber haben wir mit Cornelia Schumacher, Senior Compliance Officer bei der Schweizerischen Mobiliar Holding AG, gesprochen.
Der zentrale Erlass in der Schweiz ist das Bundesgesetz über den Datenschutz (Datenschutzgesetz, DSG). Es bezweckt den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte von natürlichen Personen, über die Personendaten bearbeitet werden. Damit konkretisiert es die Vorgaben zum Persönlichkeitsschutz aus der Schweizerischen Bundesverfassung (Art. 13 BV) und dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch (Art. 28 ZGB). Geschützt werden also nicht primär die Daten selbst, sondern die natürlichen Personen, über die Daten bearbeitet werden. Es wird im Wesentlichen sichergestellt, dass eine natürliche Person selbst bestimmen kann, wie und durch wen ihre Personendaten bearbeitet werden. Dazu hat die betroffene Person eine Vielzahl an Rechten. So kann sie Auskunftsbegehren, Berichtigungsbegehren, Widerspruchsbegehren, Begehrung auf Einschränkung, Löschungsbegehren oder Begehren auf Datenübertragbarkeit stellen.
Neu ist, dass juristische Personen nicht mehr vom Geltungsbereich des DSG erfasst werden. Der Schutz beschränkt sich damit auf natürliche Personen. Des Weiteren wurde die Liste besonders schützenswerter Personendaten ausgeweitet und umfasst nun auch Daten über Ethnie, genetische Daten sowie biometrische Daten, die eine natürliche Person eindeutig identifizieren (z.B. Fingerabdrücke). Ebenso enthält das revidierte DSG eine neue Legaldefinition des Profiling, die derjenigen der EU-DSGVO entspricht und im bisherigen DSG nicht enthalten war. Wichtige Neuerung ist, dass sowohl die Informationspflicht als auch die Betroffenenrechte stark ausgebaut wurden. Und schlussendlich sieht das revidierte DSG strafrechtliche Sanktionen in Form eines Bußgeldes von bis zu CHF 250.000 vor. Darüber hinaus kann der EDÖB (der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftrage) neu Verfügungen und nicht mehr bloß Empfehlungen erlassen.
Hier gibt es einige Unterschiede:
Schweizer DSG |
DSGVO |
Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt: Datenbearbeitungen sind grundsätzlich erlaubt, sofern nicht gegen das Gesetz verstoßen wird. |
Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Für alle Datenbearbeitungen muss eine Rechtsgrundlage vorhanden sein. |
Keine Rechenschaftspflicht: normale Verteilung der Beweislast |
Rechenschaftspflicht: Der Verantwortliche muss die Einhaltung der DSGVO nachweisen können. |
Informationspflichten: Mindestinhalt ist enger als in der DSGVO |
Informationspflichten: gehen weiter |
Sanktionen: Strafe von bis zu CHF 250.000; bestraft wird die verantwortliche Person. |
Sanktionen: Strafen bis zu 20 Mio. Euro oder im Falle eines Unternehmens bis zu 4% des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres. |
Die Art. 60ff. DSG enthalten diverse Strafbestimmungen, deren Verletzung mit einem Bußgeld von bis zu CHF 250.000 bestraft werden kann. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um eine persönliche Strafbarkeit der handelnden (oder unterlassenden) Person. Das heißt, die Strafe richtet sich an eine Privatperson und nicht an das Unternehmen.
Aufgrund der neu eingeführten Verfügungskompetenz des EDÖB müssen Unternehmen jedoch damit rechnen, dass dieser bei Verstößen gegen die Datenschutzvorschriften von seiner Kompetenz Gebrauch macht und beispielsweise eine Anpassung oder Unterbrechung der Datenbearbeitung oder gar eine Datenlöschung verfügt.
Das neue Schweizer Datenschutzgesetz hat erhebliche Auswirkungen auf die Datenverarbeitungsprozesse in Unternehmen, da es striktere Anforderungen an den Umgang mit personenbezogenen Daten stellt. Die wesentlichen Auswirkungen sind hierbei die erhöhten Transparenzanforderungen, umfassendere Dokumentationen zur Datenverarbeitung, die Ausweitung der angemessenen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Sicherstellung der Datensicherheit sowie die Etablierung von Prozessen zur fristgerechten Bearbeitung von Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschbegehren. Diese Maßnahmen führen dazu, dass Unternehmen ihre Datenverarbeitungsprozesse insgesamt strenger kontrollieren und anpassen müssen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig das Vertrauen ihrer Kunden zu erhalten.
Hier sehe ich eine ganze Reihe spezifischer Herausforderungen, die sowohl technische als auch organisatorische Aspekte betreffen. Zentral sind hierbei die Komplexität der Datenlandschaft, die Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeitern, technische Anpassungen für den Prozess zur Datenlöschung und Datenportabilität, die Aufrechterhaltung der Datensicherheit und natürlich das Ressourcenmanagement. Diese Herausforderungen erfordern eine sorgfältige Planung und eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen unseres Unternehmens, um die Umsetzung des revidierten Schweizer DSG erfolgreich zu gestalten und gleichzeitig den laufenden Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Alle Mitarbeitenden müssen jährlich eine Onlineschulung zum Datenschutz machen. Zudem bieten wir bereichs- und projektspezifische Vor-Ort-Schulungen an und sensibilisieren die Mitarbeitenden regelmäßig über Intranetbeiträge. Ebenfalls bieten wir Schulungen zur Datensicherheit an.
Durch die Einführung von SAP Information Lifecycle Management (SAP ILM).
Ja, die Implementierung von SAP ILM kann langfristig dazu beitragen, Kosten und Ressourcen im Zusammenhang mit der DSG-konformen Datenverwaltung zu sparen.
SAP ILM ist darauf ausgelegt, den gesamten Lebenszyklus von Daten zu steuern, von der Erfassung über die Nutzung bis hin zur Aufbewahrung und Löschung. Dies bietet mehrere Vorteile: automatisierte Datenaufbewahrung und -löschung, Optimierung der IT-Struktur, effizientere Datenverwaltung und -suche sowie natürlich die Reduktion von Compliance-Risiken. Zudem verringert die Reduzierung der gespeicherten Datenmenge die Speicher- und Infrastrukturausgaben. Weniger aktive Daten bedeuten geringere Anforderungen an Speicherplatz, Rechenleistung und Back-up-Kapazitäten, was die Betriebskosten senkt.
Zusammengefasst: Durch die Implementierung von SAP ILM können Unternehmen nicht nur die Einhaltung der DSG-Vorgaben sicherstellen, sondern auch erhebliche Effizienzgewinne erzielen, die sich langfristig in Form von Kosteneinsparungen und besserer Ressourcennutzung auszahlen.
Frau Schumacher, vielen Dank für das Gespräch
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